Welche Meditation soll ich wählen? Was ist Meditation? Welche Techniken gibt es?
In diesem Beitrag über Meditation gehe ich auf einige Meditationstechniken ein und erkläre dir kurz worum es dabei überhaupt geht.
Bei Meditation habe ich früher immer an Menschen gedacht, die da so im Schneidersitz sitzen und irgendwas Komisches denken. Eigentlich hatte man überhaupt keine Ahnung, hat aber sofort sein Urteil kundgetan und diese Menschen als esoterische Spinner dargestellt. Sicherlich gibt es heute immer noch welche, die so denken. Diese Gedanken entstehen aus Unwissenheit und Engstirnigkeit und solche Denkweisen haben sicherlich mit der Negativsucht des Menschen zu tun, erst einmal alle Dinge, die fremd erscheinen, ablehnen und in eine Schublade namens verrückt stecken. Dabei geht es im Grunde nur um Achtsamkeit.
Ich möchte nur kurz über die wissenschaftlichen Erkenntnisse der Meditation sprechen, weil ich denke, dass die eigene Erfahrung viel mehr bedeutet, als irgendwelche ausgetüftelten Belege, die für die Allgemeinheit als gültig erfasst und anerkannt werden. Wir Menschen sind so verschieden, dass wohl kaum zwei unterschiedliche Menschen exakt die gleichen Erfahrungen machen können. Kurz gefasst sagen die neurologischen Erkenntnisse aus, dass nach einer Studie, an der die MBSR-Praxis (Mindfulness-Based-Stress-Reduction) durch Hirnscans begleitet wurde, weniger Dichte der grauen Substanz an der Amygdala, die für die Verarbeitung von Stress und Angst wichtig ist und dafür mehr Dichte im Hippocampus und Regionen, die für Selbstwahrnehmung und Mitgefühl zuständig sind entstehen. Mehr muss und will ich dazu überhaupt nicht schreiben, ich denke das ist aussagekräftig genug.
Die eigentlichen Vorteile der Meditation kann man aber nur selber erfahren. Ich habe 2016 damit angefangen. Zuerst war es sehr schwierig, weil man falsche Vorstellungen hat. Ich dacht ich müsste unbedingt eine bestimmt Sitzposition einnehmen und das ganze gelesene über Meditation müsste sofort funktionieren. Ich stellte relativ schnell fest, dass das eine Illusion war und merkte, dass die einfache Beobachtung meines Atems zur größten Herausforderung meines Lebens wurde. Von da an habe ich übrigens nicht mehr mit dem Meditieren aufgehört. Ich meditiere momentan jeden Tag morgens zwischen 4.00 und 4.30 Uhr für 45 Minuten bis zu einer Stunde und das ist das wertvollste, was ich für mich selbst tun kann. Nun aber zu den verschiedenen Techniken, Wirkungen und Erkenntnisse.
Zuerst ein kleiner Hinweis, der oft falsch verstanden wird. Das Ziel ist (wenn es denn ein wirkliches Ziel geben sollte) in Meditation zu sein, nicht zu Meditieren. Das ist ein riesen Unterschied und sehr schwierig zu erklären. Ich beschreibe es immer so, dass die verschiedenen Techniken um zum Zustand der Meditation zu gelangen, bedeuten, dass man meditiert um schließlich in Meditation zu sein. Ist man dort angelangt, bedarf es keine Technik mehr, dann verlieren alle Techniken an Bedeutung, weil dieser Zustand das einfach achtsame Verweilen im jetzigen Moment bedeutet, da gibt es einfach nichts mehr außer den Moment, selbst dieser verliert an Bedeutung. Ihr seht schon, um das zu verstehen, muss man diese Erfahrungen selber sammeln, so wie es immer ist um Dinge wirklich zu verstehen. Nun aber zu den Techniken.
Die Bekannteste ist wohl die Atemmeditation. Das bedeutet, dass man eine für sich gemütliche Stellung einnimmt, diese kann im Sitzen sein, im Liegen, im Schneidersitz, Lotossitz, je nachdem was dir am besten gefällt und wo es angenehm für dich ist. Im Liegen besteht allerdings die Gefahr, dass man einschläft, da es meistens zu gemütlich wird. Im Sitzen sollte der Rücken möglichst gerade sein. Du kannst dich auf ein Kissen setzen oder auf den Boden. Ich benutze meistens ein Meditationskissen und wähle die Burmesische Sitzhaltung, eine Art bei der das eine Bein vor dem anderen liegt. Wenn man eine Sitzhaltung gefunden hat, in der man ein wenig verweilen kann, ohne sich ständig bewegen zu müssen, beobachtet man einfach seinen Atem, ohne ihn zu beeinflussen oder zu verändern. Man bemerkt einfach, wie man atmet, ohne irgendwelche Bewertungen oder Urteile. Ist der Atem lang und tief, dann ist das OK, ist er flach und kurz, ist es auch OK, einfach nur beobachten. Ihr werdet feststellen, dass dies schwieriger ist, als es sich anhört. Die Gedanken werden euch sehr oft ablenken, oft werdet ihr es erst spät merken, das ihr in Gedanken seid. Das macht aber nichts und ist völlig normal. Nehmt es wahr, lasst den Gedanken einfach los und kehrt einfach ohne euch zu ärgern zu eurem Atem zurück, immer und immer wieder. Mit der Zeit habt ihr ein wenig Übung und es gelingt euch besser eure Gedanken zu erkennen. Das Ego will euch unbedingt von dieser „langweiligen Tätigkeit“ fernhalten, es versucht alles um euch vom Meditieren abzuhalten. Lasst euch nicht beirren und haltet durch. Ihr müsst nicht sofort stundenlang meditieren, bei der Meditation ist die Kontinuität viel effektiverer als die Länge. Jeden Tag 5 Minuten sind viel sinnvoller als alle 2 Wochen 3 Stunden. Noch ein kleiner Tipp. Als ich meine ersten Einsichten hatte, gab es viele Momente, an denen ich unbedingt diesen Zustand, diese Erkenntnis, etc. wieder haben wollte. Seht bitte davon ab. Das steht der Meditation nur im Weg. Man kann nichts erzwingen, seht einfach nur was passiert, dann kommt der Rest von ganz alleine. Jede Meditation ist anders. Ich habe es in den ganzen Jahren noch nie erlebt, dass eine Meditation genauso ist wie die andere. Jede hat ihre eigene Qualität und jede hat ihre eigenen Erkenntnisse. Die Atemmeditation kann man überall ausführen, während der Arbeit, indem man nur eine Minute innehält, ist eine prima Möglichkeit sich sofort ins Hier und Jetzt zurückzuholen und sich bewusst zu werden was gerade passiert.
Die nächste Technik oder Meditationsform heiß Vipassana und bedeutet so viel wie Einsicht oder die Dinge zu sehen, wie sie wirklich sind. Es gibt in verschiedenen Teilen der Welt (auch in Deutschland) 10 Tage Retreats, die nach der Technik von S.N. Goenka fortgeführt werden. Ich selber habe mal an einem Retreat in Dilsen-Stokkem Belgien teilgenommen. Das läuft folgendermaßen ab:
Am Anreisetag bekommt man sein Zimmer zugewiesen, meistens ein Zweibettzimmer, manche haben auch Mehrbettzimmer. Dann wird eine kleine Einführung zu den Meditations-, Essen- und Ruhezeiten gegeben. Danach beginnt auch schon die edle Stille. Das bedeutet, dass man 10 Tage lang schweigt, also mit niemandem spricht und wenn möglich auch niemanden ansieht, da man mit Blicken und Gesichtszügen auch viel ausdrücken kann. Das soll dazu dienen, dass man in den 10 Tagen ganz bei sich selbst bleibt. Der Tagesablauf sieht so aus:
04:00 Gong – Aufstehen
04:30-06:30 Meditation in der Halle oder im eigenen Zimmer
06:30-08:00 Frühstückspause
08:00-09:00 Gruppenmeditation in der Halle
09:00-11:00 Meditation in der Halle oder im eigenen Zimmer entsprechend den Anweisungen des Lehrers
11:00-12:00 Mittagessen
12:00-13:00 Ruhepause und Gelegenheit zum Interview mit dem Lehrer
13:00-14:30 Meditation in der Halle oder im eigenen Zimmer
14:30-15:30 Gruppenmeditation in der Halle
15:30-17:00 Meditation in der Halle oder im eigenen Zimmer entsprechend den Anweisungen des Lehrers
17:00-18:00 Teepause
18:00-19:00 Gruppenmeditation in der Halle
19:00-20:15 Vortrag des Lehrers in der Halle
20:15-21:00 Gruppenmeditation in der Halle
21:00-21:30 Zeit für Fragen in der Halle
21:30 Nachtruhe – Licht aus
Es sind also etwas mehr als 10 Stunden Meditation am Tag und die letzte Mahlzeit wird zu Mittag eingenommen.
Die kompletten Regeln können auf dieser Seite nachgelesen werden:
Zum Vipassana-Meditationszentrum
Am nächsten Morgen beginnt der erste Tag der Meditation. Anapana. Man fängt an seinen Atem zu beobachten, dabei achtet man auf Kälte- oder Wärmeempfindungen am Naseneingang, beim Einatmen z. B. Kälte und beim Ausatmen z. B. wärme. Am nächsten zwei Tagen achtest du auf den Bereich unter deiner Nase, wie sich die Luft dort anfühlt oder welche Empfindungen sonst noch auftreten und auf den kompletten Nasenbereich.
Am 4 Tag beginnt die eigentliche Vipassana Meditation. Man fängt an seinen Körper Stück für Stück zu beobachten, beginnend beim Kopf, bis zu den Füße. Man beobachte ob irgendwelche Empfindungen entstehen, wie Kribbeln, Schmerz, Wärme, Kälte, Taubheit, usw. Zwischen den Meditationen hat man auch die Möglichkeit mit dem Lehrer zu sprechen, falls Fragen aufkommen oder Ähnliches, ansonsten vertritt man sich halt die Beine. 10 Stunden am Tag sitzen ist eine ganz schöne Herausforderung, besonders, wenn man seine Empfindungen beobachtet. Es war eine sehr schmerzvolle Erfahrung und zugleich die beste Erfahrung, die ich je gemacht habe. Ich kann diese Retreats uneingeschränkt weiterempfehlen. Man kann Vipassana natürlich auch zuhause machen. Entweder im Sitzen oder im Liegen. Die liegende Position wird häufig in den MBSR-Kursen verwendet und ist meiner Meinung auch für Anfänger besser geeignet. Man scannt einfach Stück für Stück seinen Körper und beobachtet eine gewisse, nicht zu lange, Zeit, welche Emfindungen man wahrnimmt, registriert diese und lässt sie wieder ziehen, ohne an ihnen anzuhaften. Verweilt nicht zu lange auf einer Stelle. Es ist auch OK, wenn es Stellen gibt, an denen ihr nicht spürt. Nehmt auch das wahr und geht zur nächsten Stelle. Ihr werden nach der Zeit ein unglaublich gutes Körperbewusstsein bekommen und vielleicht werdet ihr noch andere Erfahrungen machen.
Dann ist da noch eine oft unterschätzte Meditationsform, die Gehmeditation. Was? Kann man im gehen meditieren? Ja, es ist sogar eine sehr gute Meditation. Erstens zum Ausgleich der manchmal langen Sitzmeditation und zweitens wird hier ein unglaublich gutes Bewusstsein für das was man gerade macht kultiviert. Bei der Gehmeditation sind mir schon die überraschendsten Dinge passiert, von Gefühlsausbrüchen bis hin zu neuen Erkenntnissen. Man sucht sich einen Platz, wo man ein paar Meter gehen kann, das kann in der Wohnung sein, im Garten, egal wo. Wichtig ist, dass man kein bestimmtes Ziel hat. Man kann zwar auch auf dem Weg zur Arbeit eine Gehmeditation machen, um aber erst mal zu erforschen, was genau passiert, ist die Keinziel-Methode einfacher. Man startet mit dem bewussten stehen, nimmt war wo man gerade ist, wie man steht, am besten Barfuß. Lenkt die Aufmerksamkeit dann zu den Fußsohlen und behält immer seinen Atem im Gewahrsein. Dann hebt man ganz langsam einen Fuß an, wirklich im Schneckentempo, so dass man jede Bewegung achtsam mitverfolgen kann, wie der Fuß den Boden verlässt, wie er in der Luft nach vorne bewegt wird und wie man ihn wieder absetzt. Je detailreicher und achtsamer man die Gehmeditation praktiziert, desto bewusster wird man sich dessen Wirkung. Das Ganze macht man dann so lange man möchte. Ich praktiziere Gehmeditation meisten um die 15 – 30 Minuten. Wenn man geübter ist, kann man die Meditation auch beim schnellen Gehen praktizieren.
Das sind erst mal 3 verschiedene Meditationstechniken. Probiere sie doch einfach mal aus. Wichtig ist, dass man nichts erwartet, vor allem keinen sofortigen Erfolg, die Kontinuität bringt die Fortschritte. Bei allen Meditationen spielt der Atem eine wichtige Rolle, mit unserem Atem können wir uns jederzeit ins Hier und Jetzt zurückholen und dies ist sehr Hilfreich, wenn unsere Gedanken oder unser Ego uns wieder mal zum Narren halten will und uns versucht abzulenken.
Ich werde auch noch andere Meditationstechniken erklären. Solltest du mehr über eine Technik wissen wollen, ist irgendwas unklar oder hast du einfach ein anderes Anliegen, dann kontaktiere mich gerne unter: Kontakt
Seit achtsam – Marcus